Die symbolische Grenze von Las Chinamas
31 01 2011Nach Antigua fuhr ich nach Guatemala City, da mir Alejandra ihre Heimatstadt ein wenig näherbringen wollte. Es gibt wirklich einiges zu sehen: Stadtzentrum mit Kathedrale und grossem Markt, eine riesige Reliefkarte des Landes, eine autofreie Einkaufsmeile, sonntags ist auch eine der grossen Avenidas autofrei und voller Spaziergänger, und es gibt diverse Miradores (Aussichtspunkte). Es war jedoch ideal, einen lokalen „Guide“ zu haben. Denn ein Café, wo wir abends hingingen um den Sonnenuntergang über der Stadt anzuschauen, ist nur mit Auto erreichbar.
Das Hostel war auch recht cool, nette Leute und Transfer zu Busterminals sind inklusive. War recht hilfreich.
Alles in allem hat mir Guatemala zwar gefallen, aber es hat mich nie wirklich begeistert. Die Natur ist toll, aber irgendwie hatte es etwas in der Atmosphäre, was mir nicht gefallen hat. Kann es nicht so erklären, aber das Überqueren der Grenze war dann recht symbolisch für meine Gefühle gegenüber Guatemala und El Salvador.
Ich fuhr mit einer Camioneta (ich weigere mich, sie Chicken Busse zu nennen, da ich nie ein Huhn oder anderes Tier darin gesehen habe) fuhr ich von der Hauptstadt Richtung der Grenze von Las Chinamas. Kurz vorher musste ich in einen Minivan umsteigen, wo mein Gepäck auf dem Dach landete. Bis dahin lief alles perfekt und eventuell wurde ich zu entspannt, weil alles wie am Schnürchen lief… Jedenfalls stieg ich aus diesem Bus und war geschockt: min. 50 Leute schrien auf mich ein, wollten Geld wechseln (wollte ich auch, aber nicht zu ihren Abzocker-Raten), mich zur Immigration begleiten, Essen verkaufen, etc. Gleichzeitig wollten andere mit meinem Gepäck abhauen. Sorry: Natürlich nahmen sie’s nur für mich vom Dach und wollten’s über die Grenze tragen. Andere wollten mir weismachen, ich müsse pro Land 20 Dollar zahlen, für Aus- und Einreise. Und wo war eigentlich die Immigration, wo ich meinen Stempel holen konnte?? Tja, das wollte mir niemand gratis sagen. Selbst als ich uniformierte Grenzwächter fragte, lachten die mich nur aus. Irgendwann fand ich dann den Eingang an der Hinterseite des Gebäudes und bemühte mich danach schnell, den letzten Geldwechsler anzufauchen und damit endlich loszuwerden um alleine zum grenzfluss zunterzuspazieren. Das waren wohl die schlimsten 20 Minuten meiner ganzen Reise (hoffe ich). Denn als ich über die Brücke ging, änderte sich alles. Auf der anderen Seite waren nur wenige Leute. Ein Uniformierter hiess mich willkommen, schaute meinen Pass an und bat mich freundlich, bitte zur Immigration zu gehen und zeigte mir, wo diese sich befand. Der Beamte dort wirkte erst streng (wollte genau wissen, wo ich gedenke mich aufzuhalten und zu welchem Zweck), war dann aber sehr freundlich. Ich fragte, ob ich meinen Rucksack dalassen könne während ich auf’s WC gehe (Toilettenbesuche sind manchmals gar nicht so einfach, wenn man alleine reist!). Als ich zurück kam, meinte er, er hätte den Blick nicht abgewendet. Ich wollte dann wissen, ob das ok sei, dass ich keinen Stempel im Pass hätte. Er meinte ja, aber er könne mir einen geben als Souvenier, wenn ich wolle. Aber nur wegen meiner blauen Augen. Am Schluss wollte ich ihm ein Trinkgeld geben, aber er lehnte regelrecht geschockt ab: Sowas könnten sie nicht annehmen, aber vielen Dank trotzdem.
Generell scheint es in El Salvador weniger Korruption zu geben als in Mexiko oder Guatemala: Man sieht öfters Polizisten, die Bussen ausstellen und was ich gehört habe, kann man sie nicht bestechen. Verkehrsregeln werden auch mehr beachtet.
Was aber nicht bedeutet, dass in El Salvador alles perfekt ist. ALs ich einmal eine Zeitung kaufte, wurde darin von etwa 15 Morden der vergangenen Tage berichtet. Darunter echt schreckliche Sachen. Einer war beispielsweise ein 23jähriger Cobrador (Cobradores sind die „Einkassierer“ im Bus, die auch die Stationen ausrufen etc), mit Frau und mehreren Kindern. Er wurde in einem Vorort morgens um 5, als der Bus auf die erste Tour ging, erschossen. Das wohl, weil seine Gesellschaft sich weigerte, eine Mafiagebühr zu zahlen.
Als Tourist ist man nichtsdestotrotz recht sicher. Die meisten Kriminalfälle spielen sich in Vororten der Städte ab. Es ist zwar beunruhigend, wenn man liest, dass die Krankenhäuser überlastet sind und nicht alle Obduktionen vornehmen können (es gab gerade einen Skandal, dass manchen Familien die Leichen ohne Obduktion übergeben wurden, und andere wurden während Stunden von einem Spital ins andere gefahren, bis sich ein Platz in einem Kühlschrank fand), aber würde man keine Zeitung lesen, würde man nichts ahnen.
Zuerst war ich in Juayúa in den Bergen. Hatte Glück, als ich ankam, erfuhr ich, dass gerade die Feierlichkeiten zum Schutzheiligenh (Cristo Negro) stattfinden würden. Da wurde die Königin von Juayúa gekrönt, es gab Feuerwerk (unter anderem ein Turm, der mit vielen Knallköprern bestückt war) und Konzerte. Zudem ist in der Stadt jedes Wochenende ein Gastronomiefestival, es gab also genug und wunderbar zu essen!
In Juayúa machte ich auch einige Wanderungen und Ausflüge in der Gegend. Unter anderem zu 7 Wasserfällen, dem Vulkan Santa Ana (der eigentlich Llamatepec heisst), oder einer Kaffee-Finca in der Gegend. Die Busse sind sehr günstig, eine Fahrt kostet selten mehr als einen Dollar.
In El Salvador ist der USD die offizielle Währung, was offenbar nicht gerade zum Wohlstand der Bevölkerung beigetragen hat. Habe in Gesprächen rausgefunden, dass die Preise in den Läden offenbar immer noch in Colones sind, die Gehälter aber in Dollars. Was bedeutet, dass alles massiv teuerer ist als vor dem Wechsel.
Von Juayúa aus wollte ich dann an den Strand. Ich hatte ja immer geplant, an den „El Tunco“ zu fahren um dort zu surfen. Dann sagten mir aber div. Leute im Hostel, dass dort recht Halligalli sei, Ballermann Stimmung und so. Ich solle nach „El Zonte“ fahren, der sei etwas ruhiger. Und dann sah ich im Hostel einen Flyer von einem anderen Hostel und fragte den Receptionisten, ob er das kenne. Er meinte, es sei recht ruhig, aber paradiesisch. Und so kam es, dass ich nach „Los Cobanos“ fuhr. Dort kann man zwar nicht surfen, aber sonst ist es paradiesisch!! Super Hostel mit netter Besitzerin, ausser den paar Leuten da hat es keine Touris, nur paar Fischerfamilien. Den Fang des Tages kann man sich frisch zubereitn lassen auf die Art, die man wünscht. Schnorcheln kann man auch, wir waren bei einem Schiffswrack und haben das Riff angeschaut (dank dem Boot konnten wir an verschiedenen Stellen schnorcheln). Zudem habe ich das erste Mal in meinem Leben das Spiel von Ebbe und FLut beobachten können. Echt faszinierend! Auf den Vulkansteinen konnte man während Ebbe weit ins Meer rauslaufen, und dann kam das Wasser langsam zurück (übrigens heiss, wie in einer Badewanne!!). Waren sehr entspannende Tage.
Dann war ich aber reif für etwas Stadtleben und fuhr in die Hauptstadt, San Salvador. Dort hat es viele interessante Museen, Gebäude, Einkaufszentren, … Zudem habe ich einen Ausflug nach Joya de Cerén gemacht. „Das Pompeji von El Salvador“ war ein Mayadorf, das wegen einer Vulkanexplosion unter einer dicken Erdschicht begraben wurde.
Ein anderer Ausflug führte mich an den Stadtrand. Zuerst in den Parque Balboa, ein schöner Park zum spazieren. Ist voller Spielplätze, sogar mit rollstuhlgängigen Schaukeln!! (Habe mal gehört, dass es wegen dem Krieg viele handicapierte Leute gibt, und habe schon einige gesehen mit amputierten Armen oder Beinen). Vom Parque aus kann man ca. 15 Minuten durch Dörfer spazieren und kommt dann zur „Puerta del Diablo“. Das Teufelstor ist eine Felsformation, wo man raufklettern kann und eine gigantische Aussicht geniesst. Ein wunderschöner Ort. Und es hat auch gute Essensstände. Für USD 1.20 habe ich mir die volle Packung Mais gegönnt: einen gegrillten Maiskolben und einen Mais-Atol (heisses, dickflüssiges Getränk).
Das Hostel wo ich war, beherbergt immer viele Peace Corps Leute. Das sind Amerikaner, die einen sozialen Einsatz irgendwo auf der Welt leisten. Mit zwei von denen plus einem Bruder war ich dann essen. Man gönnt sich ja sonst nichts, deshalb fuhren wir zu einem recht teuren, eleganten Restaurant namens Inka Grill. Die Menus dort kosten USD 9.95 und mehr, aber es war super. Und ich wurde dann sogar eingeladen, war ein netter Abend.
Und dann machte ich mich auf die abenteuerliche Reise nach Perquin, meinem letzten Stop in El Salvador (von hier aus schreibe ich euch gerade). Damit ihr euch vorstellen könnt, was abenteuerlich heisst: Morgens musste ich erst mal zu Fuss zum Metrocentro Einkaufszentrum. Dort nahm ich einen Linienbus von San Salvador, der mich zum Terminal brachte. Dort musste ich herausfinden, ob es Busse nach Gotera gibt oder nur San Miguel. Ich entschloss mich aber dann spontan dazu, den Expressbus zu nehmen nach San Miguel. Der kostet zwar USD 5, hält unterwegs aber nie und ist in 2.5h dort. Der „normale“ Bus hält überall, wo jemand ein- oder aussteigen will. Ist also permanent am halten und benötigt viiieel mehr Zeit. In San Miguel schlug mir eine Hitzewelle entgegen, ich glaube ich war noch nie in einer so trockenen und heissen Stadt!! Den Bus nach Gotera fand ich ohne Probleme und mir wurde auch gesagt, wo aussteigen. Dort gab es aber keine Busse mehr, sondern nur so einen Pickup, auf den ein Gitter montiert wurde mit einer Plache (siehty ähnlich aus wie die Pferdewagen in den Westernfilmen). Es gibt zwei Sitzbänke und der Rest der Leute steht. Als ich ankam, war der Wagen schon gedrängt. Den grossen Rucksack konnte ich aufs vordere Dach befördern, der kleine kam unter die Sitzbank. Dann wurde auf mehr Kundschaft gewartet und als niemand mehr reinpasste, ging’s los. Es waren etwa 50km den berg hoch in diesem Zustand!! Und die Luft trotz Fahrtwind noch heiss. Aber ich hab’s geschafft. Bin nun in diesem kleinen Dorf in einer netten Unterkunft. Habe auch schon den Mirador-Berg bestiegen. Die Aussicht wieder atemberaubend. Zudem hat es überall riesige Bombenkrater. Weil in Perquin hat sich während dem Bürgerkrieg die Guerilla-Widerstandsbewegung verschanzt und ihr „Radio Venceremos“ ausgestrahlt. Deshalb gab es oft Angriffe des Militärs (die Bevölkerung eines Dorfs in der Gegend wurde bei einem Angriff fast komplett ausgelöscht). Werde mir morgen mal das Museum anschauen und mich geschichtlich informieren und sicher auch noch etwas wandern, bevor’s nach Honduras geht (nur Durchreise, dann Nicaragua).
Was gibt’s sonst noch? Meine Jeans habe ich mit x Löchern weggeschmissen und mir etwas neues gekauft. Auch die Turnschuhe musste ich ersetzen, die Sohlen waren durchlöchert und zudem stanken sie, trotz waschen, zum Himmel.
Hatte in Guatemala beim Rucksack Ausmisten übrigens 1000 mexikanische Pesos gefunden, die ich zu gut versteckt hatte. Konnte sie in San Salvador dann aber John und Katie, einem sehr netten Päärchen, verkaufen. Ich machte ihnen eine gute Wechselrate, dafür schenkten sie mir ihren Nicaragua-Reiseführer und Essen, das sie nicht mitnehmen konnten.
Was übrigens spannend ist, aber auch verwirrend: in jedem Land muss man wieder neues Vokabular lernen. Viele Wörter, die ich kenne, werden nur in Mexiko benutzt. Bus z.B.: in Mexiko sagt man Camión, in Guatemala ist es eine Camioneta und in El Salvador ein Bus (weil da sind Camiones Lastwagen). Was ich als estacionamiento (Parkplatz) kannte, wurde zu Parqueo. Oder „cool“ ist in Mexiko „chido“, in Guatemala „alegre“ und in El Salvador „chivo“. Lebensmittel sind auch anders, ich kann mein geliebtes ‚Licuado de Platano‘ nicht mehr bestellen, weil eine Banane ist in Mittelamerika ein „Banano“ und „Platano“ ist eine Kochbanane. ¨Refrescos“ (mex., Softdrinks) wurden zu „Gaseosas“, etc. Gäbe noch viele Beispiele… 😉
Egal, auf jeden Fall habe ich wieder genug Zeit im Internetcafe verbracht – ich sterbe bald vor Hunger, muss mir paar Pupusas organisieren… 🙂
Bis bald! (Die Zeit scheint zu rennen, habt ihr auch das Gefühl?? Nur noch zwei Monate und ich muss mir schon fast Gedanken machen, wie ich zum Flughafen in Panama komme…)
liebe corinne,
herzlichen dank für deine regelmässige, sehr interessante und spannende berichterstattung! wir haben ja sehr oft kontakt über sms, aber die „allgemeinheit“ denkt vielleicht, den eltern geht deine reise am a… vorbei.
dem ist absolut nicht so! wir haben grösste hochachtung und sind stolz über deine reise und deine unternehmungslust! nun kurz zur heutigen sportaktualität: ehc biel verlor in davos 4:3 nach verlängerung (die hätten diese punkte auch besser früher geholt! sie sind def- in der play out-phase), gc gewann in st.gallen 1:4 (das 1. tor für gc schoss bezeichnender weise der von st.gallen transferierte m. frick), 2 tage vor der ski-wm belegte jänk den 3. platz im riesen. wettermässig haben wir absolut frühling! seit wochen kein schnee mehr, sonne oder hochnebel prägen das bild. bei sonne herrschen frühlingshafte temperaturen! es könnte durchaus sein, dass du bei deiner rückkehr im april im tiefsten winter landest, weil zur zeit eine andere jahreszeit abgehalten wird. sprechen wir aber noch nicht vom april! herzlichen dank für deine meldungen über sms, wo du jeweils gerade bist, denn wir werden oft angesprochen wie’s dir geht und so sind wir stets auf dem laufenden. heb dir sorg und mache weiter so sensationelle photos, sie werden dich ein leben lang begleiten! liebe grüsse
papi